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22. Januar 2025

Kokkinóvrachos Central / Mehrseillängen-Klettern
"Aramis" 6c, 6 SL

Völlig entspannt können Beat und ich den heutigen Klettertag angehen. Mit Jonas haben wir einen echt starken 8b-Kletterer an Bord, der uns sicher über die geplante Route hochbringen wird. Zur zusätzlichen Auflockerung erzähle ich meinen beiden Seilpartnern von einer Anekdote, die sich vor mehr als vierzig Jahren am Salbitschijen ereignet hat: Zwei Kollegen (Edwin und der frisch verlobte Bruno) kletterten zusammen den Salbit-Südgrat. Edwin hatte im Vorstieg bereits die Schlüsselstelle passiert und sicherte in der Folge seinen Kollegen Bruno nach. Dieser verpasste den optimalen Weg, verstieg sich im schwierigen Gelände und war bald hoffnungslos blockiert. Da blieb nur noch der panische Hilferuf von Bruno: "Edwin! Heb mich! Ich hyratä neechst Wuchä!" Um falschen Spekulationen vorzubeugen. Jener Bruno ist nicht identisch mit mir. Ein Heirat stand mir nie bevor...

Zurück nach Leonidio: Mit einem gemütlichen Aufstieg, stets Ausschau nach "unserer" Schildkröte haltend, gelangen wir an den Einstieg zur "Aramis". Der Wandfuss ist wunderbar eben und mit Bäumen durchsetzt. Ich liebe derart bequeme Einstiege, wo man sein Material und die Schuhe bedenkenlos deponieren kann. Allerdings mahnen uns die in der Nähe äsenden Ziegen zu etwas vorausschauender Vorsicht. Sicherheitshalber hänge ich meinen Rucksack mit dem zurückbleibenden Material möglichst hoch in einen Baum, damit er vor den gefrässigen Ziegen sicher ist.

In bestechender Manier führt Jonas die erste Seilänge durch das steile Gemäuer hoch. Das sind aber deutlich weitere Hakenabstände als in der benachbarten "Ramisi Rock", denke ich für mich. Als ich jedoch im Nachstieg bin, erekenne ich schnell, dass Jonas nur jeden zweiten Bohrhaken eingehängt hat. Ja, wenn man so sicher und mühelos unterwegs ist...Die Kletterei macht ordentlich Spass und ist unglaublich griffig.

In der 2. Länge fordert gleich zu Beginn ein Rechtsquergang sauberes Hinstehen und ein paar beherzte Züge an Auflegern. Für Jonas ein "Nasenwasser", wir zwei Nachsteiger müssen da schon etwas mehr investieren.
Nun folgt als besonderes Merkmal der 3. Länge ein langer und luftiger Quergang über einem grossen Überhang nach links hinaus. Zu Beginn noch ohne Höhengewinn, ist der zweite Teil dieser Länge wieder eher ansteigend geprägt und endet auf einem bequemen Band.

Der nächste Abschnitt (es ist bereits Länge 4) besticht durch elegante, senkrechte Kletterei an unverschämt guten Griffen. Was für ein Genuss. Auch Jonas steht die Freude ins Gesicht geschrieben. Wie schon so oft erlebt, vermittelt der erste Eindruck dieser Länge deutlich anspruchsvolleres Terrain, als es in Tat und Wahrheit ist. Zupacken müssen wir trotzdem, damit wir mit reinem Notenblatt durch diesen Abschnitt kommen.

Der fünfte Abschnitt ist dann eher etwas durchzogen, aber bietet durchaus noch schöne Kletterei. Sind wir etwa schon zu verwöhnt betreffend Schönheit der Kletterei? Es scheint so. Wenn man dann aber die letzte Seillänge unter die Finger kriegt, stimmen die Relationen plötzlich wieder.

Gleich zu Beginn erwartet uns ein Feuerwerk an fantastischen Kletterzügen. Und auch hier sieht dieser Wandabschnitt vom Standplatz aus betrachtet brutal schwer zu klettern aus. Das wäre er wohl auch, kämen da nicht am Laufmeter neue Löcher und Schlitze zum Vorschein. Unglaublich! Was für eine Länge! Begeistert und voller Freude treffe ich beim Ausstieg wieder auf Jonas, der sich ebenfalls sehr lobend über die eben gekletterten Meter äussert. Natürlich ist auch der kurz danach eintreffende Beat voll begeistert. Das war nun wirklich das Highlight dieser Kletterferien!

Routiniert und bestens eingespielt, als kletterten wir drei schon ewig miteinander, verläuft die nun folgende Abseilaktion. Rasch erreichen wir so den Wandfuss und packen glücklich und zufrieden unser Bündel für den weiteren Abstieg. Der Rucksack blieb gottseidank verschont vor den Ziegen. Und tatsächlich, auf dem Abstieg kreuzen wir wieder die sehr gemächliche Spur "unserer" Schildkröte. Ein gelungener Abschluss dieser herrlichen Klettertour. Vielen Dank an Jonas und Beat für die lässigen Stunden am Fels.