Chli Glatten
Chli Glatten Kombination «Der Wolf im Schafspelz" / "Einsamer Wolf» 6b+, 7 SL
Der Wetterbericht rechnete am frühen Nachmittag bereits mit ersten Schauern und Gewittern. Dies bewog uns, eine Klettertour mit kurzem Zustieg ins Auge zu fassen. Vom letzten Herbst kannte ich bereits die steile Kletterei der Route «Einsamer Wolf» am Chli Glatten. Nun lockte die Nachbarroute «Der Wolf im Schafspelz», beide vom Glarner Kletterkünstler Felix Ortlieb eröffnet. Mit einer Kombination der beiden Routen ergaben sich so immerhin 7 Seillängen Kletterei, aus der wir notfalls auch früher ausbüxen konnten.
Mein Bruder Kurt war mit diesem Vorschlag sofort einverstanden, kannte er doch beide Routen in diesem Sektor am Chli Glatten noch nicht. Von der Alp Bödmer marschierten wir zügig zum Wandfuss hoch und waren rasch startklar. Die erste Seillänge beginnt zum Glück gemütlich, stellt dann aber im zweiten Teil ein paar steilere Aufschwünge in den Weg. Mit etwas Übersicht und beherztem Zupacken lassen sich diese Hindernisse aber gut überwinden.
Lang unterwegs ist man dann im 2. Teilabschnitt, der genussvoll durch besten Kalk in die Höhe zieht. Fast genau in der Mitte dieser Seillänge wird die Kletterei etwas drückender und die Griffe spärlicher. Den letzten Zwischenhaken musste ich unbenutzt lassen, da mir die Expressschlingen ausgegangen waren. Zum Glück waren diese Meter zum bequemen Standplatz hoch wieder etwas gemässigter.
Die weitere Linienführung war uns einen Moment lang nicht ganz klar. Der erste Bohrhaken steckt weit rechts an der luftigen Kante. Tatsächlich führt die Linie ums Eck und sehr luftig unter Überhängen durch auf einen Pfeilerkopf. Teilweise nasse Partien und damit leicht schmierige Griffe erschwerten uns das Leben. Die steilste Partie ist aber eng gesichert, aber trotzdem eine sehr eindrückliche Passage an guten Henkeln mit viel Luft unter den Füssen.
Mit Abschnitt 4, die man als leichte Überführungslänge werten kann, erreichten wir den Beginn der oberen Wandstufe. Hier endet offiziell die Route «Der Wolf im Schafspelz». Um weiter mit den Wölfen tanzen zu können, fädelten wir nun in den oberen Teil von «Einsamer Wolf» ein. Gleich zu Beginn ist da ein kräftiger Aufsteher gefragt, dem dann technisch feine Plattenkletterei folgt. Konsequent geklettert muss auch der folgende Linksquergang werden.
In der folgenden Sequenz war dann wieder die feine Klinge gefragt: Steile Plattenkletterei an teilweise winzigen Querleisten führte mich unter einen Überhang. Für einen Direktangriff über diesen ist das Griffangebot sehr mager. Etwas rechts davon halfen mir Seitengriffe aber weiter und brachten mich nach wenigen Kletterzügen zum Standplatz. In der letzten Länge hielt ein Tritt meiner vorsichtigen Belastung nicht mehr stand und rauschte als kopfgrosser Block haarscharf an Kurts Beinen vorbei. Mit einem beherzten Sprung verhinderte mein Bruder eine schmerzhafte Begegnung mit dem scharfkantigen Stein. Einen Moment lag waren wir leicht geschockt, fassten uns aber schnell wieder. Vorsichtig brachte ich diese Schlusslänge zu einem guten Ende und liess Kurt nachsteigen. Der Blick auf die Uhr beruhigte uns: Mit einer Kletterzeit von 2h 15 waren wir noch voll auf Kurs und sollten vor dem angekündigten Regen wieder im Trockenen sein.
Entlang der Route «Inkognito» seilten wir durch die eindrückliche Schlucht dem Wandfuss entgegen. Die Aussicht ins Schächental war zwar wolkenverhangen, aber nicht sonderlich bedrohlich. Im Boden zwischen Unterschächen und dem Wasserfall bei Äsch schien die Sonne grossflächig auf die grünen Matten. So setzten wir uns gemütlich hin und verspeisten unsere Brötchen. Während dem Kauen fielen die ersten schweren Regentropfen auf die ausgelegten Speisen.
Eine schwarze Wolke hatte sich hinter dem Chli Glatten unbemerkt angeschlichen und liess nun die nasse Fracht zu Boden fallen. Wir suchten Schutz in einer Felsnische und drängten uns eng an die noch trockenen Wölbungen. Der intensiver werdende Regen verwandelte unsere Schutznische aber rasch in eine Tropfsteinhöhle. Nach 30 Minuten war der Spuk vorbei und wir kamen einigermassen trocken zum Auto zurück. Beim Weissbier im Hotel Klausenpass trockneten dann auch noch die letzten nassen Partien unserer Kletterhosen. Besten Dank an meinen Bruder für den erlebnisreichen Klettertag am Klausenpass oben.